Essays

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Der Bademoden-Trend des kommenden Sommers ?
Kollektion „Adam und Eva”!


von Ingo Koehn

Nackt baden! Sind wir eine fehlgeleitete Minderheit? Perverse? Sünder? Dann denkt nochmal nach. Und warum eigentlich müssen wir uns als „NudISTEN” oder „NaturISTEN” verstehen? Nackt die Freiheit zu genießen, ohne Badehose zu baden und in Luft, Licht, Wind und Sonne mit anderen Sport zu treiben sind für mich Selbstverständlichkeiten, mit denen ich aufgewachsen bin. So natürlich, dass ein „ISMUS”-Stempel fehl am Platze scheint, denn „-ismus” bezeichnet das in sich geschlossene Denken, die Abweichung und Abgrenzung. Jedoch - offener als nackt kann man anderen gegenüber gar nicht sein. Deshalb habe ich einen Vorschlag: Lasst uns stattdessen jene Leute als absonderlich ansehen, die sich etwas anziehen, bevor sie sich Licht, Luft, Sonne und Wasser hingeben. Nennen wir sie doch „Prüdisten”! Sie mögen in der Mehrheit sein, doch auch eine Mehrheit kann irren. Es war ursprünglich die Religion, die machte, dass man noch heute den eigenen Körper und die Körper anderer ohne Bemühen der eigenen Urteilskraft schamhaft verbirgt. Hält das Tabu einer aufgeklärten Betrachtung stand?

Ich habe Glück gehabt und bin in einem Land groß geworden, in dem man am Strand oftmals herumlaufen kann wie man gern möchte und wo Nacktbaden vielerorts ganz offiziell erlaubt ist. Es wird weitgehend toleriert, jedoch sind auch hier viele Menschen der Ansicht, dass weder sie noch andere Menschen, auf gar keinen Fall aber Kinder, jemals dem Anblick nackter Menschen ausgesetzt sein dürfen.

Ohne daraus eine Ideologie machen zu wollen, verbringe ich doch den Sommer am liebsten an Orten, wo Nacktheit toleriert oder gestattet ist oder sogar gefördert wird. Das sind zum Beispiel Resorts, Campingplätze, Strände, manchmal sogar entlegene Felder und Wälder auf dem Lande, wo mich niemand stören wird. Meist sind Freunde und Familie dabei. Es freut mich, wenn jemand es zum ersten Mal probiert und sich schon nach ein paar Minuten frei fühlt und auch ein wenig euphorisch. Wenn Kinder plötzlich tun, was sie sich niemals trauen würden, wären ihre besorgten Eltern dabei. Wenn eine Frau zu verstehen beginnt, dass Nacktheit für sie bedeutet, sich in ihrem Körper wohler zu fühlen, nicht aber, ständig Nachstellungen und lüsternen Blicken ausgesetzt zu sein. Wenn Männer bemerken, dass die nun gar nicht mehr so wohlverwahrten „Kronjuwelen” der anderen vielleicht sogar noch kleiner sind als ihre eigenen. War das wirklich alles, das sie bisher vom Nacktbaden abgehalten hatte?

Meine Familie, ein paar Freunde und ich selbst finden es für jedermann völlig natürlich, manche nackten Körper attraktiv und sogar (ich sag's einfach mal!) sexy zu finden - und andere vielleicht nicht. Warum sollten wir uns nackt unter Nackten nicht frei und fröhlich fühlen? Die Schönheit von Menschen zu bewundern anstatt angestrengt und verschämt die Augen niederzuschlagen ist noch kein Voyeurismus. Von anderen gesehen und - Gott bewahre! - vielleicht gar offen angeschaut zu werden soll schon Exhibitionismus sein? Und da war noch was, sprechen wir es endlich aus. Lassen wir den hysterischen öffentlichen Diskurs und die gedankliche Selbstzensur einmal außer acht. Nackte Kinder, die am Strand spielen, sind ein ganz und gar unschuldiger Anblick. Was hat die Moral damit zu tun? Haben wir vergessen, dass wir alle einmal nackt geboren wurden? Es ist im wesentlichen der Blick der Tugendwächter selbst, der den kindlichen Körper sexuell interpretiert, um dann allen anderen eben diesen Blick zu unterstellen. Am Strand sieht man dagegen einfach nur nur - nun ja, nackte Kinder.

Ich bin bestimmt kein Adonis, zu dünn, ein wenig linkisch, und überhaupt ... Aber ich schäme mich meines Körpers nicht, denn das würde bedeuten, mich selbst nicht anzunehmen, nicht damit klar zu kommen, wer ich bin, mich also für mich selbst zu schämen.

Was gibt es noch zu sagen? Es ist ein Teil des Lebens, dass der Anblick menschlicher Körper hier und da einen Anflug von Erotik hat. Ein schöner Mensch, ein schönes Gefühl und ein schöner, gänzlich unschuldiger Gedanke, denn die Schuld hat man uns eingeredet, bis wir selber dran geglaubt haben.

Woran erkennt ihr mich, falls wir uns irgendwo am Strand begegnen? Gar nicht! Nacktheit verwischt alle Ungleichheit, die sozialen Schranken reißt sie für einen Augenblick nieder, sie exponierte euch nicht, sondern lässt euch einfach ein Jemand unter anderen sein. Probiert's doch mal, sicher wird es eine dieser Sachen, die ihr nie wieder missen wollt.

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