Jungmöhl

Jungmöhl  →  Jung Mœhl  →  Junge Mühle  /  Jungmüller

 

Die Geschichte um, über und von Jungmöhl ist auch ein „Meilenstein” in der Geschichte der Freikörperkultur. Am Plauer See in Mecklenburg enstand in den 20er Jahren das erste FKK-Hotel des Landes.
Der urspünglich aus Bayern stammende Bauer und FKK-Freund Johannes (Hans) Müller kaufte 1928 die „Dresenower Mühle” am Plauer See und verwandelte das Anwesen in eine Art Hotel für lebensreformerische Lichtfreunde. Ursprünglich war ein derartige Wohn- und Freizeitanlage für Lichtfreunde in Bayern geplant, Hans Müller stieß dort aber mit seinen Plänen auf eine starke Ablehnung.

Fernab seiner Heimat, in Mecklenburg sah man es gelassener und war gegenüber seinen Plänen wesentlich aufgeschlossener.
1929 eröffnete der „Lichthof Jungmöhl”
Kurze Zeit später begann Hans Müller mit dem Aufbau einer „Lichtsiedlung”, einer Ansammlung einfacher „Lichthütten”. Es war für Johannes Müller nicht schwer, junge Leute für ein solches Projekt zu gewinnen, denn die Freikörperkultur, bzw. die Nacktkultur war zu dieser Zeit sehr stark. Der Plan für ein ganzjährig belebtes Naturistendorf scheiterte aber, in erster Linie an den Jahreszeiten, dem Wetter und der Kälte.

Hans Müller, 1937:
Die Jungmöhl liegt am Plauer See in Mecklenburg. Sie ist ein Ferienheim für lebensreformerische Lichtfreunde
und eine Stätte, an der sich eine Reihe Gesinnungsfreunde angebaut haben, um dort unabhängig vom Zwang
der Großstadt ihr Leben lichtgemäß zu gestalten.

Die Freikörperkultur ist seit bald einem Jahrzehnt in der Jungmöhl zu Hause. Sie ist seitens der zuständigen Ver-
waltungsbehörde zugelassen mit der Maßgabe, daß ausschließlich Mitglieder der organisierten Freikörperbe-
wegung (in der Gruppe III des Fachamtes für Bergsteigen und Wandern im Deutschen Reichsbund für Leibes-
übungen) das in seinen Grenzen genau umrissene Gelände benützen.

Das lebensreformerische Bekenntnis der Familie des Jungmüllers umfaßt: Entschiedene Ablehnung der Genuß-
gifte Alkohol und Nikotin, fleischlose und reizlose Ernährung, naturgemäße und zuchtvolle Lebenshaltung bei
tatfroher Hilfsbereitschaft und kameradschaftlicher Gemeinschaftsplege.

Die „Lichtheimstätten” bei der Jungmöhl sind entstanden aus der diesem Wollen; die Entwicklung hat aber die
Einzelnen verschiedene Wege geführt. So ist insbesondere der Grundsatz der vegetarischen Lebensweise
leider nicht Allgemeingut.
Hans Müller

Tagesablauf:
Viel Wert wurde auf die „gemeinsamen Stunden” gelegt: die Gymnastik und die Mahlzeiten. Geweckt wurde jeden Tag um 07:15 Uhr,
es folgte ein erfrischendes Bad im See, danach Gymnastik (bei Regen in der 300 m² großen Halle), um den Appetit anzuregen. Alle Mahlzeiten begannen mit einem gemeinsamen Lied.

Frühstück
Zum Frühstück (→ 08:00 Uhr) gab es dann Haferflocken mit Früchten, Brot mit süßem Aufstrich, Milch und Kornkaffee¹.
Mittag
Mittags gab es drei Gänge, zunächst Frischobst, dann Gemüse (gedämpft oder als Salat), Suppe oder Nachtisch.
Abendbrot
Brote mit unterschiedlichen Belägen, häufig auch ein Warmgericht. Dazu Tee, Fruchtsäfte oder Dickmilch.
Fleisch
(Zitat) „Wer das Bedürfnis nach Fleisch hat, sei auf den Fleischtisch ... verwiesen.”(Zitat-Ende)

Ansonsten herrschte auf dem Gelände ein reger Spiel- und Sportbetrieb, der sich bei schlechtem Wetter in die Halle (umgebaute ehemalige Scheune) verlagerte. Entsprechende Geräte für Sport und Spiel waren ausreichend vorhanden.

Besondere Erwähnung findet das „Sonnenschiff”, welches zu Fahrten öfters gechartert wurde. Zu kleinen Fahrten mit kurzen Wanderungen an abgeschiedenen Orten war man dann so frei und blieb nackt (durchaus mit unseren heutigen Nacktwanderungen vergleichbar), größere Besichtigungstouren (Kloster Malchow, Burg und Kirche Stuer, Wallburg) bis hin zur Müritz.

Ende
Das Anwesen wurde Anfang der 50er Jahre von der Familie Müller verkauft. Die Anlage wurde dann als Kinderferienlager verwendet und der Uferabschnitt für die Öffentlichkeit freigegeben.



¹ - Kornkaffee, auch „Muckefuck” oder Malzkaffee genannt.

Karte: Plauer See → Lage: Jungmöhl

Dresenower Mühle

Lichthütten

FKK Lichthütte
Lichthütte
FKK Lichthütte
Lichthütte
FKK Lichthütte
Kartoffelernte
FKK Lichthütte
Kartoffelernte
FKK Lichthütte
Erntearbeit im Garten
Neben dem Vergnügen auf und abseits des Geländes gab es auch Arbeit. Ein so großes Gelände bewirtschaftet sich ja schließlich
nicht von alleine. Sauberkeit und Ordnung liegt immer noch in Menschenhand. Weiterhin wollte man auch so gut es ging, unabhängig
sein und von selbst angebauten Obst und Gemüse leben.
Und auch die Kinder machten stets mit großem Eifer mit.

Mit jeder neuen „Lichthütte”, die neu entstand, wuchs auch die Erfahrung im Umgang mit Werkzeug und Material. So wurden nach und
nach aus den Hütten recht schnell kleine Häuser.

Besonders für den Stadtmenschen ist die körperliche Betätigung auf dem Felde die beste Gymnastik. Glücklich kann man sich schätzen, wenn man dazu noch die Möglichkeit hat, nackt sein zu dürfen.
Man stelle sich nur einmal vor, wie es mit der verschwitzten Kleidung aussähe, die dann noch am Körper kleben bliebe und somit die Bewegung im Ganzen einschränken würde.

Arbeite nackt - und die Kleidung bleibt heil und sauber !
Beeren pflücken nackt
Feldarbeit nackt
Feldarbeit nackt
Heuernte nackt

Bilder:
Wie wertvoll Bildmaterial ist, sieht man immer wieder an solchen historischen Fotos. Sie dienen nicht nur der Erinnerung, sondern vielmehr der Dokumentation.

Bilder / Quellen:
Jungmöhl - Ein Bündel Berichte und Bekenntnisse, 1937
• Licht-Land, Ausgabe 17/1931

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